Heute vor 70 Jahren schoss Rahn aus dem Hintergrund! Deutschlands Fußballer vollbrachten das Wunder von Bern und wurden Weltmeister. Sternstunden des Fußballs sind Thema des Dossiers der Juli-Ausgabe des COMPACT-Magazins: „‘Deutschland den Deutschen‘. Ein Sommer zwischen Sylt, Mannheim und Fußball“. Hier mehr erfahren.

    Der Tag des Endspiels der Fußball-Weltmeisterschaft 1954 ist bis heute ein geschichtsträchtiges Datum. Der Triumph von Bern ist unbestritten das gewaltigste Ereignis des deutschen Sports. Ein Sieg für Deutschland, ein Sieg zur rechten Zeit, und ein Sieg, mit dem zuvor niemand rechnen konnte.

    Noch bis zum Mai 1949 waren im Rahmen des Weltfußballverbandes sportliche Auseinandersetzungen mit Deutschen untersagt gewesen. Die Fußballmannen um ihren Trainer Josef „Sepp“ Herberger mussten bis zum 22. November 1950 warten, ehe sie das erste offizielle Nachkriegs-Länderspiel gegen die Schweiz bestreiten durften. In Stuttgart gelang damals vor 100.000 Zuschauern ein 1:0-Sieg. Der Weg zurück in eine sportliche Normalität war zwar noch weit, aber mit diesem Spiel geebnet.

    Ehrenvolles Auftreten

    Die Nationalmannschaft, die Sepp Herberger in der kommenden Zeit formte und schließlich zum großen Turnier in die Schweiz entsandte, war nicht nur sportlich perfekt vorbereitet. Spielführer Fritz Walter erinnerte sich später:

    „Seine Parole, an die wir uns tausendprozentig gehalten haben, lautete, den deutschen Fußball und unser Land nicht nur im Spiel, sondern auch außerhalb des Spielfeldes ehrenvoll zu vertreten.”

    Mit einem 4:1-Sieg gegen die Türkei hatte die deutsche Elf vor 70 Jahren einen guten Turnierstart. Am 20. Juni stand dann die Auseinandersetzung mit der damaligen Wundermannschaft aus Ungarn an, die als unschlagbar galt. Die Truppe war amtierender Olympiasieger. Im November 1953 hatte sie mit 6:3 in England gewonnen. In Wembley! Neunzig Jahre lang waren die Engländer zuvor auf heimischem Boden unbesiegt geblieben. Kopf der Mannschaft war Mittelstürmer Ferenc Puskas, der in 85 Länderspielen 84 Tore erzielte – und der eine deutsche Herkunft aufwies, eigentlich Franz Purzeld hieß.

    Der Weg ins Finale

    Die Herberger-Jungs unterlagen Ungarn dann auch mit 3:8. Aber: Der gerissene Trainerfuchs hatte nur seine zweite Reihe aufgeboten, um Stammspieler zu schonen. Das war durchaus risikoreich, denn eine Niederlage im Entscheidungsspiel gegen die Türken hätte das vorzeitige Ausscheiden bedeutet. Aber die Spieler von Sepp Herberger gewannen 7:2 und zogen damit in die nächste Runde ein.

    Jubel nach dem Siegestor: 3:2 – Deutschland ist Weltmeister. Foto: Foto: picture alliance / UPI/dpa

    Im Viertelfinale wartete Jugoslawien, das mit 2:0 bezwungen werden konnte, im Halbfinale gelang ein glanzvoller 6:1-Erfolg gegen Österreich. Damit war eingetreten, worauf selbst Optimisten nicht spekuliert hatten: Deutschland im Finale! Dort warteten erneut die Ungarn.

    Sensationeller Spielverlauf

    Dann war er gekommen, der 4. Juli 1954: Niemand im mit 60.000 Zuschauern übrigens nicht komplett ausverkauften Berner Wankdorfstadion zweifelt an diesem verregneten Tag an einem Sieg der Ungarn um ihren Ausnahmespieler Ferenc Puskas, die durch das Turnier geradezu spaziert waren und überragend aufgespielt hatten. Und es kommt tatsächlich, wie alle befürchtet hatten. Schon nach acht Minuten liegt die ungarische Mannschaft mit 2:0 in Front. Bloß kein Debakel erleiden, denken die meisten Deutschen zu diesem Zeitpunkt.

    Doch Herbergers Mannen spielen konzentriert, wirken nicht beeindruckt. Max Morlock, dem deutschen Halbrechten, gelingt zwischenzeitlich der Anschlusstreffer, und noch vor der Halbzeit steht es sogar 2:2! Nach einer Ecke hatte Helmut Rahn den Ball zum Ausgleich ins Tor gedroschen. Jetzt liegt eine Sensation in der Luft, denn die Ungarn agieren zunehmend fahrig und nervös.

    In der berühmten 84. Minute dann der ganz große Moment unserer Elf: Helmut Rahn erwischt die Lederkugel voll. Ein Schuss wie ein Strich! In seiner legendären Radioreportage ruft der unvergessene Herbert Zimmermann aus:

    „Tor! Tor! Tor! Tor für Deutschland! 3:2!”

    Sechs bange Minuten später pfeift der englische Schiedsrichter ab, und elf überglückliche Spieler fallen sich in die Arme. Weltmeister! Die deutsche Mannschaft, die hier Geschichte schrieb, setzte sich wie folgt zusammen: Toni Turek, Jupp Posipal, Werner Kohlmeyer, Horst Eckel, Werner Liebrich, Karl Mai, Helmut Rahn, Max Morlock, Ottmar Walter, Fritz Walter, Hans Schäfer.

    Einen Tag später bereiteten ungezählte Deutsche ihren Helden einen gigantischen Empfang. In der Heimat hatten sich nach dem Triumph unglaubliche Szenen abgespielt. Fernsehgeräte waren seit Monaten ausverkauft. Ein Fußball-Sieg als Balsam für das durch Siegerwillkür vielfach gedemütigte Land.

    Der Spiegel vom 7. Juli 1954: „Deutschland erhob sich, und Europa erbebte, weil Josef Herberger, ein gemütlicher kleiner Mannheimer mit verwittertem Bergbauern-Gesicht, die von ihm trainierte deutsche Mannschaft zum größten Triumph der deutschen Sportgeschichte geführt hatte.“

    Bezeichnende Reaktionen

    Ausländische Presseorgane nahmen den WM-Sieg zum Anlass, in die antideutsche Schmuddelkiste zu greifen. Das französische Blatt Le Monde vom 8. Juli: „Achtung! Achtung! Die Musik intoniert Deutschland, Deutschland über alles. Die Menge singt mit. Die Erde zittert. Jung, fest, begeistert singen die Deutschen machtvoll, auf dass es die ganze Welt höre und wisse, dass Deutschland wieder einmal ‚über alles‘ erhoben ist! Achtung!“ Der englische Manchester Guardian kommentierte: „Der furchtbare deutsche Angriff war eine echte Rückkehr zum Blitzkrieg. Die Ungarn wankten unter den deutschen Hammerschlägen.“

    Bundeskanzler Konrad Adenauer ließ sich wenig beeindrucken und entsandte folgendes Telegramm an die frischgebackenen Weltmeister: „An Ihrem großartigen Sieg nimmt das ganze Volk mit großer Freude Anteil. Ich spreche der deutschen Fußball-Nationalmannschaft meine herzlichsten Glückwünsche aus und übersende Ihnen meine besten Grüße.“

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    Ein Kommentar

    1. Deutlicher kann die Betäubungsfunktion von Fußball nicht werden. Keine 10 Jahre nach dem Ende Deutschlands spielten die Fußball, als wäre nix gewesen.