… und wie Putin die Wahrheit über den Hitler-Stalin-Pakt klar stellte. Nachzulesen in „Wladimir Putin: Geschichte Russlands“.

    Der „Spiegel“ war gestern ganz aus dem Häuschen. „Auswärtiges Amt gibt Russland Geschichtsunterricht“, lautete die Überschrift. Und weiter: „Das russische Außenministerium verbreitet auf X Propaganda über den sowjetischen Einmarsch in Polen zu Beginn des Zweiten Weltkriegs. Das Auswärtige Amt in Berlin reagiert mit Fakten.“

    Zum Hintergrund: Am 23./24. August 1939 wurde der Hitler-Stalin-Pakt unterzeichnet. Am 1. September marschierte die Wehrmacht in Polen ein. Die Rote Armee marschierte erst am 17. September in Ostpolen ein, und zwar  nicht in alle Gebiete, die ihr im Hitler-Stalin-Pakt überlassen worden waren, sondern nur in diejenigen, die bis 1920 zu Russland gehört hatten und erst 2021 von Polen annektiert worden waren.

    Die Karte zeigt die Verschiebung Polens nach Westen nach 1945. Während die weiß umrandete Grenzlinie den polnischen Staat in den Grenzen von 1920-39 zeigt, gibt das rot gefärbte Feld den Staat in den Grenzen ab 1945 wider. Der 1945 verloren gegangene Teil im Osten wurde jedoch erst 1920 von Polen annektierte und gehörte davor zu Russland. Die heutige Ostgrenze Polens entspricht im Wesentlichen der Grenzziehung zwischen Deutschland und der Sowjetunion im Jahre 1939 (Hitler-Stalin-Pakt). Foto: Helmut Roewer

    Das russische Außenministerium schrieb dazu am 17. September 2024 auf X: „On September 17, 1939, the Red Army launched a military operation in Poland’s eastern regions, preventing the genocide of the population of Western Belarus and Western Ukraine.“ (Am 17. September 1939 startete die Rote Armee eine Militäroperation in den Ostregionen Polens und verhinderte den Völkermord an der Bevölkerung von Weißrussland und der Westukraine.)

    Das Baerbock-Ministerium repostete den russischen Tweet und schrieb darüber „Seriously?“ (Im Ernst?), um die Antwort lächerlich zu machen. Die Gescvhichtserzählung im Westen und in Polen geht nämlich so: Das arme Polen wurde 1939 von Deutschland und der Sowjetunion gemeinschaftlich aufgeteilt und überfallen. Stalin hat mit dem Nichtangriffspakt Hitler überhaupt erst ermöglicht, Polen anzugreifen.

    Putin stellt klar

    Der russische Präsident hat sich ausführlich mit diesem Thema beschäftigt, und wir haben seine Ausführungen in der neuen COMPACT-Edition „Wladimir Putin: Geschichte Russlands“ dokumentiert. Auszüge:

    Putin, Geschichte Russlands

    Ich habe aus den Archiven die ganze Palette von Dokumenten angefordert, die mit Kontakten der UdSSR mit Deutschland während der dramatischen Tage im August und September 1939 zusammenhängen. Aus Ziffer 2 des geheimen Zusatzprotokolls zum Nichtangriffspakt zwischen Deutschland und der UdSSR vom 23. August 1939 geht hervor, dass im Falle des territorialen und politischen Umbaus der Regionen, aus denen der polnische Staat bestand, die Grenze der Interessensphären der beiden Länder „ungefähr entlang der Grenzen der Flüsse Narev, Weichsel und Sana verlaufen sollte“. Mit anderen Worten, es ging nicht nur um Gebiete, in denen eine überwiegend ukrainische und weißrussische Bevölkerung lebte, sondern auch die historisch polnischen Gebiete zwischen Bug und Weichsel fielen in die sowjetische Einflusssphäre. (…) Das gilt auch für die Tatsache, dass Berlin unmittelbar nach dem Angriff auf Polen in den ersten Septembertagen 1939 Moskau immer wieder zur Teilnahme an der Militäraktion aufgefordert hat. Die sowjetische Führung ignorierte solche Appelle jedoch und vermied bis zum letzten Moment eine Einmischung in die dramatischen Ereignisse.

    Erst als endgültig klar wurde, dass Großbritannien und Frankreich nicht versuchten, ihrem Verbündeten zu helfen und die Wehrmacht in der Lage war, ganz Polen schnell zu besetzen und sogar Minsk zu erreichen, wurde beschlossen, am Morgen des 17. September die militärischen Einheiten der Roten Armee in die Gebiete einrücken zu lassen, die heute Teile von Belarus, der Ukraine und Litauen sind.

    Es ist offensichtlich, dass es keine andere Möglichkeit gab. Andernfalls wären die Risiken für die UdSSR um ein Vielfaches gewachsen, denn, ich wiederhole es, die vorherige sowjetisch-polnische Grenze verlief nur wenige Dutzend Kilometer von Minsk entfernt, und der unvermeidliche Krieg mit den Nazis hätte für das Land aus einer äußerst ungünstigen strategischen Position begonnen. Und Millionen von Menschen verschiedener Nationalitäten, darunter Juden, die in Brest und Hrodna, Peresim, Lemberg und Wilna lebten, wären den Nazis und ihren lokalen Handlangern, Antisemiten und radikalen Nationalisten, zur Vernichtung überlassen worden. (…)

    Bekanntermaßen ist der Konjunktiv schwierig auf Ereignisse anzuwenden, die bereits eingetreten sind. Ich sage nur, dass die sowjetische Führung im September 1939 die Gelegenheit hatte, die westlichen Grenzen der UdSSR weiter nach Westen bis nach Warschau zu schieben, aber beschlossen hat, dies nicht zu tun. (…) Der bekannte britische Politiker und Staatsmann Lloyd-George unterstrich: „Die russische Armee hat Gebiete besetzt, die nicht polnisch sind und die nach dem Ersten Weltkrieg gewaltsam von Polen erobert wurden. (…) Es wäre ein Akt kriminellen Wahnsinns, die russischen Bewegungen mit den Bewegungen der Deutschen auf ein und dieselbe Stufe zu stellen.“ (…)

    Appeasement mit Hitler

    Das Baerbock-Ministerium verschweigt in seiner Stellungnahme, dass der Hitler-Stalin-Pakt nur das letzte internationale Stillhalteabkommen mit dem deutschen Diktator war – alle vorherigen wurden zumeist von den Westmächten unterschrieben. Hier die Übersicht:

    Appeasement-Verträge mit Hitler.

    In dieser Aufstellung fehlt der wichtigste Pakt mit Hitler sogar: Das Münchner Abkommen, das Großbritannien, Frankreich und Italien im Herbst 1938 mit NS-Deutschalnd unterzeichneten und das Hitler den Einmarsch in die Tschechoslowakei (Sudetenland) erlaubte.

    In den NATO-Staaten wird mit immer höherem Tempo die Geschichte umgeschrieben. Alles Böse soll Russland beziehungsweise die UdSSR verursacht haben, die Westmächte seien schuldlos… Und Putin sei der Wiedergänger Stalins, sogar Hitlers…

    Um bei dieser Propaganda klaren kopf zu behalten, ist es wichtig, Putins eigene Darstellung der Geschichte nachzulesen. In der COMPACT-Edition „Wladimir Putin: Geschichte Russlands“ haben wir sie zum ersten Mal auf Deutsch zugänglich gemacht: Über tausend Jahre, von der Kiewer Rus über das Moskauer Reich bis  zu Stalin, Gorbatschow und Selenski. Hier bestellen

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