Als Goethe 1790 durch Schlesien reist, schreibt er von unterwegs an Herder und schwärmt davon, welch „sonderbar schönes, sinnliches und begreifliches Ganze “ er dort entdeckt habe. Bis heute bleibt Schlesien eine ganz besondere Provinz des früheren Deutschen Reiches. Die Vertreibung von über 14 Millionen Deutschen aus Ostpreußen, Pommern, Schlesien und dem Sudetenland zählt zu den größten Verbrechen des 20. Jahrhunderts. In der BRD-Erinnerungskultur findet ihr Leid keine angemessene Würdigung. Darum wollen wir an ihr Schicksal erinnern. Hier mehr erfahren.

    Schlesien nahm innerhalb Deutschlands immer eine ganz besondere Stellung ein. Von 1526 bis 1740 wurde Schlesien von den Habsburgern regiert. 1740 beendete der Einmarsch Friedrichs des Großen nach Schlesien die österreichisch-böhmische Periode der Landesgeschichte und läutete die preußische Ära der Landesgeschichte ein. Erst der Erwerb Schlesiens war für Preußen das Eintrittsbillet in den Kreis der europäischen Großmächte.

    Größer als die Niederlande

    Vor dem Ersten Weltkrieg war Schlesien mit 40.319 Quadratkilometern größte preußische Provinz und übertraf flächenmäßig auch die anderen Länder des Deutschen Reiches, sieht man vom Königreich Bayern einmal ab. Schlesien war größer als die Niederlande und fast so groß wie die Schweiz.

    Geteilte Stadt: Altes Grenzschild in Görlitz (Zgorzelec) auf polnischer Seite. Auf dem Schild steht: «Grenzstraße, Einreise verboten!» Foto: Mabit1, CC BY-SA 4.0, Wikimedia Commons

    Seine Bevölkerung zählte zu diesem Zeitpunkt rund 5,2 Millionen Einwohner. Als Folge des Versailler Diktatfriedens musste das Deutsche Reich große Gebiete Schlesiens abtreten. 3.733 Quadratkilometer mit fast einer Million Einwohnern gingen an Polen verloren, 316 Quadratkilometer mit rund 50.000 Menschen an die neu gegründete Tschechoslowakei. 1945 eroberte die Rote Armee Schlesien, das unter polnische Verwaltung geriet. Allerdings blieb zumindest der äußerste Westen der preußischen Provinz Schlesien mit Städten wie Görlitz, Hoyerswerda, Weißwasser und Niesky erst Teil der DDR und wurde dann ab 1990 ein Teil des Bundeslandes Sachsen.

    Von den Silingern zu den Piasten

    In seiner mehr als tausendjährigen Geschichte gehörte Schlesien unterschiedlichen Reichen und Staaten an. Deutsche, polnische und böhmisch-mährische Einflüsse haben die Geschichte des Landes geprägt und gestaltet. Heute befindet sich der weitaus größere Teil Schlesiens im polnischen Machtbereich, ein kleiner Teil gehört aber wie gesagt zum Freistaat Sachsen und damit zur Bundesrepublik Deutschland.

    Schlesiens wechselvolle Geschichte nahm mit dem germanischen Stamm der Silinger ihren Anfang. Diese besiedelten das Gebiet um den Berg Zobten und gaben dem Land seinen Namen. Mit der Völkerwanderung verließen sie ihre Heimat. Von Osten her drangen Slawen vor. Über Böhmen kam im 10. Jahrhundert das Christentum nach Schlesien. Im Jahre 1000 wurde das Bistum Breslau gegründet. Um diese Zeit war Schlesien Teil des Großmährischen Reiches.

    Später übernahmen Piasten, Mitglieder einer polnischen Herrscherdynastie, die Gebiete an der oberen und mittleren Oder, die anschließend infolge Erbteilung in mehrere Herzogtümer aufgeteilt wurden. Im 11. und 12. Jahrhundert riefen die schlesischen Piastenherzöge deutsche Bauern, Handwerker, Kaufleute und Mönche ins Land.

    Es wurden zahlreiche Städte und Siedlungen nach deutschem Recht gegründet. Zisterzienser gründeten unter anderem die Klöster Trebnitz, Heinrichau, Leubus und Kamenz. Die Siedler brachten neue Methoden der Feldbearbeitung mit und begannen, das Bild Schlesiens neu zu formen.

    Den zweiten Teil dieses Beitrags lesen Sie morgen.

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