Zur Thematik „75 Jahre DDR“ ist am Samstag der frühere Staatsratsvorsitzende und SED-Generalsekretär Egon Krenz in Berlin aufgetreten. Er sagte im Rahmen einer Rede: „Es gibt viele Gründe, die DDR zu mögen.“ Sein Buch „Aufbruch und Aufstieg“ enthält gleichermaßen intime wie spektakuläre Einblicke in das Innenleben des Arbeiter- und Bauernstaates. Hier mehr erfahren.

    Vor uns liegt ein interessantes Buch, und – Überraschung! – es kommt von Egon Krenz, bekannt als der Nachfolger von Erich Honecker in der SED- und Staatsführung Ende 1989. Natürlich kann man sagen: Warum sollte man das Buch eines alten Kommunisten lesen? Aber es ist ein sehr lebendiges Stück Zeitgeschichte!

    Bei einem von der Jungen Welt organsierten Auftritt vergangenes Wochenende in der deutschen Hauptstadt erhielt er reichlich Beifall. Die DDR habe niemals Krieg geführt und sei der „deutsche Friedensstaat“ gewesen, so Krenz. Das gute Abschneiden von AfD und BSW als bei den jüngsten Wahlen wertete er als „Friedensappell“. Die Ampelregierung sei „heuchlerisch“, weil sie keine Verhandlungen mit Russland aufnehme.

    Krenz lässt Erinnerungen sprechen

    Was sein Buch betrifft, so fällt auf: Krenz betreibt keine Propaganda, sondern erzählt, was er erlebt hat. Er war ja frühzeitig in der Partei aktiv, ist nach und nach immer höher gestiegen und hat Kontakte zu allen wesentlichen Spitzenleuten auch in Moskau aufgebaut. Erstaunlich ist, wie detailliert Krenz die Machtkämpfe auf höchster Ebene schildert. Vor allem jene zwischen einer „nationalkommunistischen“ Fraktion in der SED und den Anhängern Moskaus.

    Dieser Machtkampf führte dann auch zum Putsch gegen Walter Ulbricht, dem ersten starken Mann der DDR der SED. Er wurde Ende der 60er Jahre weggeputscht und auf Moskaus Weisung durch Erich Honecker ersetzt, der besser steuerbar war durch die KPdSU.

    Eine Episode ist besonders interessant. Und zwar hat Egon Krenz Anfang 1983 bei Erich Honecker interveniert, dass endlich der Roman Fünf Tage in Juni erscheinen möge, ein Roman des in der DDR bekannten und staatlich anerkannten Schriftstellers Stefan Heym. Dieser Roman war in der DDR nicht auf den Markt gekommen, sondern nur in der BRD, und zwar im Jahr 1974.

    Unerwünschte Enthüllung

    Krenz erwartete also von Honecker, dass das Buch erscheint. Das Werk konnte aber, obwohl Honecker dafür war, nicht auf den Markt kommen, weil eben die moskautreue Fraktion in Partei und Staat und auch im Verlagswesen entsprechend Stimmung dagegen gemacht hatte. Der Grund: In diesem Roman wird geschildert, dass der 17. Juni 1953 auf eine bestimmte Fraktion der Moskauer Führung zurück ging, nämlich den damaligen Staatsführer Berija, der Stalin zeitweilig beerbt hatte – Stalin war ja bereits tot. Berija wollte die DDR ins Chaos stürzen. Moskau wollte also auch 1989 noch nicht, dass so eine Geschichte durch die Veröffentlichung dieses Romans durch Stefan Heym enthüllt wird.

    Honecker hat dann gegenüber Krenz gesagt, das hänge wohl damit zusammen, dass Moskau ähnlich wie damals 1953 auch jetzt wieder, also 1989, die DDR opfern und preisgeben wolle, und so kam es dann ja auch. Solche Episoden werden spannend nacherzählt im Buch von Egon Krenz. Deshalb: Leseempfehlung!

    Ein deutsches Leben: Die Memoiren des Egon Krenz. In „Aufbruch und Aufstieg“ berichtet er detailliert über seinen Weg, der ihn vom Heimatvertriebenen aus Pommern zum Nachwuchskader der SED führte und, wie alsbald in den Westmedien gemunkelt wurde, zu „Honeckers Kronprinzen“. Ein sehr spannender Einblick rund um die Thematik DDR-Gründung vor 75 Jahren. Hier bestellen.

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