Machtwechsel auf der Insel: Ersten Zahlen zufolge gewinnt die bislang oppositionelle Labour Party die Mehrheit im Unterhaus. Tory-Premier Rishi Sunak kündigt Rückzug an. Nigel Farage, der im Wahlkampf als „Kneipenschwätzer“ und Putin-Freund bezeichnet wurde, zieht mit Reform UK erstmals ins Parlament ein. In COMPACT-Spezial „Trump: Sein Leben. Seine Politik. Sein großes Comeback“ lesen Sie, warum er mit Farage auf einer Linie liegt.  Hier bestellen.

    Bei den gestrigen Parlamentswahlen in Großbritannien hat die sozialdemokratische Labour Party unter ihrem Parteichef Keir Starmer einen haushohen Sieg über die bislang regierenden konservativen Tories unter Premierminister Rishi Sunak eingefahren.

    Nach den bislang ausgezählten Wahlkreisen (Stand 12:00 Uhr) kommt Labour auf 411 von 650 Sitzen, was eine absolute Parlamentsmehrheit bedeutet. Die Tories gewinnen laut diesem Zwischenstand nur 119 Sitze. In Großbritannien gilt das Mehrheitswahlrecht. In jedem Wahlkreis zieht der Kandidat mit den meisten Stimmen direkt ins Unterhaus ein.

    Prozentual hat Labour nur marginal, nämlich um 1,6 Prozentpunkte, zugelegt und kommt nach aktuellen Hochrechnungen auf 34,2 Prozent. Die Tories verlieren hingegen massiv – nämlich fast 20 Punkte – und landen mit 23,7 Prozent auf Platz zwei. Das ist das schlechteste Ergebnis der Konservativen in ihrer beinahe 200-jährigen Geschichte. Mehrere Dutzend Minister und Staatsminister – und auch Ex-Premierministerin Liz Truss – flogen aus dem Parlament.

    Reform UK erstmals im Parlament

    Der zweite Wahlsieger des Abends ist die Reform UK von „Mr. Brexit“ Nigel Farage, der auch selbst ins Parlament einziehen wird. Nach aktuellem Stand konnte die zumeist als rechtspopulistisch etikettierte einwanderungskritische Partei um 12,3 Prozentpunkte zulegen und kommt mit 14,3 Prozent auf dem dritten Platz. Im neuen Unterhaus ist sie laut den bisherigen Zahlen mit vier Abgeordneten vertreten.

    Strahlender Sieger: Nigel Farage am Abend der britischen Unterhauswahl (4. Juli 2024). Foto: Twitter / @Nigel_Farage

    Die Ergebnisse der anderen Parteien: Liberaldemokraten: 12,6 Prozent (71 Sitze), Grüne: 6,8 Prozent (4 Sitze), Scottisch National Party (Schottland): 2,6 Prozent (9 Sitze), Sinn Fein (Nordirland): 0,7 Prozent (7 Sitze), Plaid Cymru (Wales): 0,7 Prozent (4 Sitze), Democratic Unionist Party (Nordirland): 0,6 Prozent (5 Sitze), Sonstige: 4,0 Prozent (12 Sitze).

    Lauterbach und Scholz gratulieren

    Der bisherige Premierminister Rishi Sunak, der seinen eigenen Wahlkreis verteidigen konnte, erklärte noch am Wahlabend seinen Rücktritt vom Vorsitz der Konservativen Partei. Die Briten hätten „ein ernüchterndes Urteil“ gefällt. „Ich übernehme die Verantwortung dafür“, so Sunak.

    Sein Kontrahent, der nächste britische Premierminister Keir Starmer, dankte seinen Wählern und zeigte sich überwältigt von dem Ergebnis seiner Labour Party. In seiner Siegesrede sprach er von einer „Mission der nationalen Erneuerung und dem Wiederaufbau unseres Landes“. Aus Deutschland gratulierten ihm sofort die Genossen Hubertus Heil, Karl Lauterbach und Olaf Scholz.

    Labour-Chef Keir Starmer und seine Frau Victoria am 4. Juli 2024 auf dem Weg zum Wahlllokal. Foto: IMAGO / ZUMA Press Wire

    Kritiker befürchten, dass der unter Sunak eingeschlagene Kurs einer restriktiveren Einwanderungspolitik unter der neuen Linksregierung wieder aufgeweicht wird. Laut BBC wird Starmer voraussichtlich noch heute die Zusammensetzung seines neuen Kabinetts bekanntgeben.

    Schmutzkampagne gegen den „Kneipenschwätzer“

    Die Tories sahen sich, insbesondere was die Abschiebung illegaler Einwanderer betrifft, zuletzt immer stärker dem Druck der sogenannten Rechtspopulisten um Nigel Farage ausgesetzt. Die Partei Reform UK konnte denn auch vor allem mit diesem Thema bei den Wählern punkten.

    Deutlichere Unterschiede zwischen der bisherigen Regierungspartei und Farage gibt es hingegen bei der Außenpolitik, vor allem bei der Bewertung des Konflikts zwischen Russland und der Ukraine. „2014 stand ich im Europaparlament auf und ich sagte, ich zitiere: ‚Es wird Krieg in der Ukraine geben‘“, so Farage kurz vor der Wahl in einem BBC-Fernsehinterview.

    „Warum sagte ich das? Mir war klar, dass die endlose Osterweiterung der NATO und der Europäischen Union diesem Mann {zeigt auf ein Bild von Putin} einen Grund gab, seinem Volk zu sagen, ‚Die kommen uns wieder zu nahe‘ und in den Krieg zu ziehen.“ Auf Nachfrage bekräftigte Farage: Ja, der Westen habe den Einmarsch in der Ukraine 2022 provoziert.

    Sunak zeigte sich daraufhin empört: „Was er sagte, war völlig falsch und spielt Putin in die Hände.“ Labour-Chef Starmer nannte Farages Aussage „eine Schande“. Doch der frühere UKIP-Chef und jetzige Parteivorsitzende von Reform UK legte am Tag darauf in der Samstagsausgabe des konservativen Daily Telegraph noch einmal nach.

    In einem Gastbeitrag für das Blatt schrieb er:

    „Die Irrtümer des Westens in der Ukraine waren eine Katastrophe, und ich werde mich nicht dafür entschuldigen, die Wahrheit zu sagen.“

    Nicht er spiele Putin in die Hände, sondern „der Westen hat Putin in die Hände gespielt“. Ex-Premier Boris Johnson twitterte daraufhin: „Ekelhafter Quatsch“.

    Der frühere Verteidigungsminister Ben Wallace nannte Farage einen „Kneipenschwätzer“, und aus dem Präsidialamt in Kiew war in Bezug auf Farage laut BBC zu vernehmen: „Leider infiziert der Virus des Putinismus Menschen, und er kann schlimmere Folgen haben als Covid.“

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    8 Kommentare

    1. Im Grunde mag ich N. Farage, da er schon vor ca. 7-8 Jahren, zumindest habe ich das da das erste mal von ihm gesehen und gehört, die EU entblößte und das sie in Wahrheit nur eine Unterorganisation der immergleichen Machtsekte ist.
      Seine ganze damaligen Aufdeckungs-Videos und Berichte, waren echte Augenöffner, welch ein Witz die EU und das Parlament da war und ist und sind…

      Daher kann man wirklich hoffen, dass mit diesem Menschen, eine weitere Kraft gegen das Etablishment wächst. Wie weit dies dann Wirkkraft haben wird und ob das dazu kommt, steht auf einem anderen Blatt.
      Wir wissen ja mitlerweile, dass dieses Sytstemkonstrukt, sowieso nur eine Farce ist.. Die gelenkte Demokratie der Superreichen, die unsere Politiker hier im Land, stetig als zu verteidigen aufrufen. Wer war anderes sagt, wird umgehend zum Feind und betreibt nur noch Hatespeech..

    2. Ganz egal: Für den Fall, daß sich der große Wind weiter in der richtigen Richtung drehen sollte, sollten Trump und Höcke schon mal ihre schwarzen Listen der an die für "westliche" Kriegsverbrecher zuständigen russischen Staatsanwaltschaft auszuliefernden KriegsnuXXen *) untereinander abgleichen! Egal, in welcher Branche oder Institution die wegen Kriegshetze zu schnappenden NuXXen bisher sitzen.

      *) Begriff aus Jugendschutz- und Sittlichkeitsgründen mit zwei Unbekannten kryptologisch stark verschlüsselt, damit nur charakterlich gefestigte und vorwissende Erwachsene ohne Quantencomputer zur Dechiffrierung befähigt sind.

    3. Werden sich Starmer und Farage von auf der Insel seit Jahrhunderten vorherrschenden Chauvinisten-Logen und sonstigen Upper-Class-Kriegstreibern emanzipieren wollen und können?

    4. Spionageabwehr am

      Die Frage: Warum die Wahlen in F UND GB JETZT?

      Sowohl Macron als auch den englischen Konservativen war vorher klar, dass sie haushoch verlieren.

      • Antwortversuch 1:
        Westliche Wüstlinge haben den Karren in den Graben gefahren; herausziehen sollen ihn die Anderen.
        Antwortversuch 2:
        Die Anderen (jetzige Wahlsieger) sind noch schlimmer, d.h. noch gefügigere Marionetten der Hintergrundmächte.
        (Beispiel von 1999: der kriegsgeile Joschka)

        • Spionageabwehr am

          @Alida
          In F ganz klar 2:
          Mit der Marinierten Rasselbande geht Frankreich übern Jordan

          In GB?
          Hm.

    5. 13 Sitze, … https://www.compact-online.de/der-brexsack-ist-zurueck

      Wenn der Nigel bei 400 Sitzen angekommen ist können wir über Erdbeben und Vulkanausbrüche politischer Natur sprechen. Ob Nigel für die Umvolkung seines Volkes in eine Gesellschaft des Mischmasch ist? Ob er bei Abendgesellschaften wohl von alten Kolonialzeiten schwätzt?

      Wie steht Nigel zu Israel? Ist hörig/freundlich? Übt er Kritik gleichermaßen aus ohne Unterschied zu machen von wem der Terror ausgeht? Nennt er sie beim Namen? Oder hat er gar keine Position? Ob er ein WildersZwo ist?

      Nun ja, ob er das auch im britischen Demokratieschauspielhaus anspricht? https://anti-spiegel.ru/2024/paedophilen-netzwerke-in-grossbritannien-missbrauchen-unter-dem-schutz-von-regierung-behoerden-und-koenigshaus-ukrainische-kinder/